Absenkung des Seespiegels - Aus Aufzeichnungen

Die Absenkung des Seespiegels

Wer Waren oder Personen über den Sempachersee führte, konnte bis 1806 sein Schiff direkt an der Stadtmauer anbinden. Dann wurde der Seespiegel um zwei Meter gesenkt und so eine langjährige Fehde beendet. Der Sempachersee war nicht nur ein Transportweg für Waren und Personen, sondern diente als natürliches Staubecken für die Mühlen, die am Ausfluss des Sempachersees, der Suhre, standen. Von Oberkirch bis nach Triengen nutzten sieben Mühlen diese Wasserkraft. Die Suhre versorgte die Mühlwerke wesentlich zuverlässiger mit Wasser als irgendein Bach. Um möglichst grosse Wassermengen zur Verfügung zu haben, erwarb Mitte des 17. Jahrhunderts der Müller von Oberkirch das Recht, den Sempachersee höher zu stauen.

Dies hatte Auswirkungen auf den ganzen See. Der Wasserabfluss war reduziert und der Seespiegel stieg an. Die Folge waren Überschwemmungen rund um den See. Auch die Stadt Sempach wurde bei Hochwasser in ihren seeseitigen Teilen überflutet. Gegen den Müller in Oberkirch gingen Klagen ein. Es wurde etwa festgestellt, dass «die Schwelle ob der Mühlen in Oberkirch von dasigem Müller in diesem ohnehin nassen Jahre unverantwortlich hoch gestellt war und dadurch der ganze See ausserordentlich geschwellt wurde.» Der Müller wurde schuldig gesprochen, die Überschwemmung mit verursacht und Land verdorben zu haben.

Durch den Kauf der Mühlrechte und das Absenken des Sees 1806 wurde die Gefahr von Überflutungen beseitigt. Das trockengelegte Gebiet am südlichen Ende des Sees ging in den Besitz der Kooperation Sempach über und aus dem gewonnenen Land wurden Streuwiesen zur Gewinnung von Einstreu für Viehställe, aber auch normale Wiesen und Gärten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Seeallee eine erste öffentliche Badeanstalt errichtet. Die Höhe des Seespiegels wurde im 20. Jahrhundert erneut thematisiert. In der Zeit des ersten Weltkrieges bestanden mehrere Projekte, den See in ein System von Staubecken zur Energiegewinnung einzubinden. Bei einer Idee sollte der Seespiegel wieder angehoben werden, um unter Ausnützung der Höhendifferenz zwischen Sempachersee und Reuss Strom zu erzeugen.

Ein zweites Vorhaben wollte den See auf einen Zehntel seiner heutigen Fläche absenken. Das Wasser der Kleinen Emme sollte via Mauensee bei Oberkirch zur Stromerzeugung in den verkleinerten See gelenkt werden. Beide Projekte wurden aus wirtschaftlichen Gründen und wegen lokaler Opposition nicht umgesetzt.

So liegt der Seespiegel heute auf 505 Meter über Meer. Der See hat eine maximale Tiefe von 87 Metern und eine mittlere Wasseraufenthaltszeit von 16 Jahren. An den höheren Seespiegel erinnert weiterhin der Ortsname «Schiffländi» unterhalb des Städtchens.